Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit

BAG, Urteil vom 24. April 2009 – 9 AZR 983/07

Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit

Der Anspruch auf Abgeltung gesetzlichen Voll- oder Teilurlaubs erlischt nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG ist im Verhältnis zu privaten Arbeitgebern nach den Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG (juris EGRL 88/2003) gemeinschaftsrechts-konform fortzubilden. Der Senat gibt seine entgegenstehende bisherige Rechtsprechung auf.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. August 2007 – 7 Sa 673/07 – teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 25. April 2007 – 2 Ca 20/07 – teilweise abgeändert und im Hauptausspruch zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsabgeltung von 1.677,68 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. Februar 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin wird als unzulässig verworfen, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der auf Überarbeitsvergütung von 1.815,83 Euro brutto gerichteten Klage durch Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 25. April 2007 – 2 Ca 20/07 – zurückgewiesen hat.

Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat 59,78 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen, der Beklagte 40,22 %.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütung von sog. Überstunden (Überarbeit) und Urlaubsabgeltung.

Die 1978 geborene Klägerin war vom 22. August 2005 bis 31. Januar 2007 als Erzieherin in einer „Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) “ für den beklagten Verein tätig. Sie arbeitete idR in der Fünftagewoche und erzielte eine monatliche Vergütung von 1.346,30 Euro brutto. Der Arbeitsvertrag vom 22. August 2005 lautet auszugsweise:

„Soweit dies in diesem Vertrag nicht ausdrücklich anders geregelt ist, gilt die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich der Anlagen.

Die Arbeitnehmerin ist in die Vergütungsgruppe K VIb Fallgruppe 5.1.1 beginnend mit Stufe 3 eingruppiert. …

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt – ausschließlich der Pausen – durchschnittlich 26 Std. wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen. Innerhalb eines Ausgleichszeitraumes von sechs Monaten kann die Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften variabel verteilt werden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den jeweiligen Betreuungszeiten der OGS. Während der offiziellen Schulferien findet in der OGS keine Betreuung statt. An Regelarbeitstagen beginnt die Arbeitszeit um 11:00 Uhr und endet um 17:00 Uhr.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei dringenden betrieblichen Erfordernissen kurzfristig Mehrarbeit anzuordnen. Mehrarbeitsstunden sind grundsätzlich durch Gewährung entsprechender Freizeit an anderen Tagen auszugleichen. Eine besondere Vergütung für Mehrarbeit wird nicht gezahlt.

Urlaub ist grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu beantragen und zu nehmen. Der Zeitpunkt des jeweiligen Urlaubsantritts ist mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen. Demnach kann Urlaub nur in den offiziellen Schulferien genommen werden. … Die Arbeitnehmerin erhält folgenden Jahresurlaub:

– bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage

Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragschließenden innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nicht rechtzeitig geltend gemachte Ansprüche verfallen.“

Die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) für die (Erz-)Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster (nordrhein-westfälischer Teil) und Paderborn in der zum 1. Oktober 2005 beschlossenen Fassung sieht vor:

„(1) Der Mitarbeiter erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Urlaubsvergütung. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

(2) Die Urlaubsvergütung bemisst sich nach den durchschnittlichen Bezügen, die der Mitarbeiter in den letzten drei Monaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme der zusätzlich für Überstunden gezahlten Überstundenvergütung im Sinne des § 15 Abs. 4. …

(3) Der Urlaubsanspruch kann erst nach Ablauf von sechs Monaten … nach der Einstellung geltend gemacht werden, es sei denn, dass der Mitarbeiter vorher ausscheidet.

(6) … Der Urlaub kann während einer Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung nicht genommen werden. …

(7) In Einrichtungen, für die Betriebsferien angeordnet sind, erhalten die Mitarbeiter den ihnen nach § 37 zustehenden Urlaub während der Betriebsferien. …

(8) Der Urlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wegen Arbeitsunfähigkeit oder wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz nicht bis zum 30. April angetreten werden, ist er bis zum 30. Juni anzutreten. War ein innerhalb des Urlaubsjahres für dieses Urlaubsjahr festgelegter Urlaub auf Veranlassung des Dienstgebers in die Zeit nach dem 31. Dezember des Urlaubsjahres verlegt worden und konnte er wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nach Satz 3 bis zum 30. Juni angetreten werden, ist er bis zum 30. September anzutreten. Läuft die Wartezeit erst im Laufe des folgenden Urlaubsjahres ab, ist der Urlaub spätestens bis zum Ende dieses Urlaubsjahres anzutreten.

Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt.

§ 17 BErzGG lautet: „Hat der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.“

(1) Der Erholungsurlaub des Mitarbeiters beträgt:

a) … wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche verteilt ist: in der Vergütungsgruppe K I bis K XII bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage …

(4) Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen der Mitarbeiter dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte. … Verbleibt nach der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil eines Urlaubstages von 0,5 oder mehr, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet, ein Bruchteil von weniger als 0,5 bleibt unberücksichtigt.

(5) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Urlaubsanspruch ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. …

(2) Der Mitarbeiter kann Sonderurlaub unter Verzicht auf die Bezüge beantragen. …

(1) Ist im Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub, soweit dies dienstlich oder betrieblich möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. …

(2) Für jeden abzugeltenden Urlaubstag werden bei der Fünftagewoche 3/65, bei der Sechstagewoche 1/26 der Urlaubsvergütung gezahlt, die dem Mitarbeiter zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Kalendermonats, in dem er ausgeschieden ist, Erholungsurlaub gehabt hätte. …

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit in dieser Ordnung nichts anderes bestimmt ist.“

Die Klägerin arbeitete in den Schul- und „Karnevalsferien“ im Herbst 2005, Winter 2005/2006 und Frühjahr 2006 nicht. Es handelte sich um die Zeiträume vom 4. bis 14. Oktober 2005, 27. bis 30. Dezember 2005, 2. bis 6. Januar 2006, 27. und 28. Februar 2006 sowie 10. bis 22. April 2006. Die Zeiten wurden vergütet. Der Beklagte gab keine Erklärungen zu den Gründen der jeweiligen Freistellung von der Arbeitspflicht ab.

Die Parteien einigten sich darauf, dass die Klägerin in der außerhalb der Schulferien gelegenen Woche vom 6. bis 10. Februar 2006 nicht arbeitete. Der Grund der Freistellung ist streitig geblieben. Der Beklagte hat erstmals in der Revisionsinstanz behauptet, die Klägerin habe in dieser Zeit vergüteten Sonderurlaub erhalten. Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei freigestellt worden, um Zeiten der Überarbeit auszugleichen.

Die Klägerin erlitt im Juni 2006 einen Schlaganfall. Sie war aufgrund dieser und einer später auftretenden anderen Krankheit vom 2. Juni 2006 zumindest bis 29. August 2007 ununterbrochen arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des beklagten Vereins am 31. Januar 2007.

Mit ihrer dem Beklagten am 17. Januar 2007 zugestellten Klage verlangt die Klägerin Vergütung für 145,85 Stunden Überarbeit in der Zeit vom 22. August 2005 bis 1. Juni 2006 in Höhe von 1.815,83 Euro brutto. Darüber hinaus verfolgt sie Ansprüche auf Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2005 und 26 Urlaubstagen aus dem Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 2.355,85 Euro brutto.

Die Klägerin meint, sie habe die Zeiten der Überarbeit zeitlich präzisiert und die betrieblichen Gründe für die Überschreitung der Regelarbeitszeit schlüssig vorgetragen. Betriebsferienzeiten seien nicht angeordnet worden. In den Schulferien habe teilweise eine Betreuung stattgefunden. Die bisherige Auslegung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG durch das Bundesarbeitsgericht sei mit Art. 7 Abs. 1 und 2 der Arbeitszeitrichtlinie nicht zu vereinbaren. Urlaubsabgeltungsansprüche bestünden auch dann, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortdauernd arbeitsunfähig gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.171,69 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Rechtsmittel der Klägerin würden hinsichtlich der Überarbeitsvergütung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisions- und Berufungsbegründung nicht gerecht. Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2005 und 2006 seien bereits nicht entstanden, weil die Urlaubsansprüche für die beiden Jahre durch die Freistellung der Klägerin in den Schul- und „Karnevalsferien“ sowie in der Zeit vom 6. bis 10. Februar 2006 erfüllt seien. Eine förmliche Urlaubserteilung sei wegen §§ 7 und 8 des Arbeitsvertrags entbehrlich gewesen. Der Anspruch auf Teilurlaub für das Jahr 2005 sei jedenfalls erloschen. Die Klägerin habe nicht verlangt, den Teilurlaubsanspruch auf das Jahr 2006 zu übertragen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht uneingeschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge mit Ausnahme des Zinsbegehrens für den Zeitraum bis 1. Februar 2007 weiter. Sie hat ihren Zinsantrag in der Revisionsverhandlung auf die Zeit ab 2. Februar 2007 beschränkt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist hinsichtlich der Überarbeitsvergütung von 1.815,83 Euro brutto unzulässig. Soweit die Klägerin Abgeltung der gemeinschaftsrechtlich verbürgten, im deutschen Recht begründeten gesetzlichen Urlaubsansprüche von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2005 und 20 Urlaubstagen aus dem Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 1.677,68 Euro brutto nebst Zinsen seit 2. Februar 2007 verlangt, ist die Revision begründet. Die mit der Revision weiterverfolgte Klage auf Abgeltung des über den gesetzlichen Teilurlaubsanspruch hinausgehenden vertraglichen Teilurlaubsanspruchs aus dem Jahr 2005 von zwei weiteren Urlaubstagen sowie auf Abgeltung des vertraglichen Anspruchs auf sog. Mehrurlaub aus dem Jahr 2006 von sechs Urlaubstagen ist unbegründet.

A. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung über den Antrag auf Überarbeitsvergütung von 1.815,83 Euro brutto nebst Prozesszinsen wendet.

I. Die Klägerin greift das gesamte Berufungsurteil an, mit dem die Revision unbeschränkt zugelassen worden ist. Das zeigt der uneingeschränkt weiterverfolgte Sachantrag auf Zahlung von 4.171,69 Euro.

II. Die Revisionsbegründung entspricht im Hinblick auf die Überarbeitsvergütung nicht den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Auch bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung die Umstände nennen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO).

1. Die verletzte Rechtsnorm braucht seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) nicht mehr bezeichnet zu werden. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts jedoch in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 28. Januar 2009 – 4 AZR 912/07 – Rn. 11; Senat 17. Juli 2007 – 9 AZR 819/06 – Rn. 31 mwN, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17) .

2. Diesen Erfordernissen genügt die Revisionsbegründung nicht. Bezieht sich die Revision auf mehrere Streitgegenstände im prozessualen Sinn, muss sie den Angriff auf jeden Streitgegenstand ausreichend begründen (Senat 16. Oktober 2007 – 9 AZR 144/07 – Rn. 28, AP GewO § 106 Nr. 2; 17. Juli 2007 – 9 AZR 819/06 – Rn. 32 mwN, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17) .

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit mit ihr die Klage auf Überarbeitsvergütung abgewiesen worden ist, mit der Überlegung bestätigt, die Klägerin habe ihre Ansprüche nicht schlüssig und hinreichend substantiiert dargelegt. Unabhängig davon seien sämtliche Ansprüche auf Überarbeitsvergütung aufgrund der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 KAVO verfallen.

b) Die Revisionsbegründung geht auf den Teil der Entscheidungsgründe, der den Verfall der Ansprüche auf Überarbeitsvergütung behandelt und die Bestätigung der Abweisung dieser Streitgegenstände allein trägt, nicht ein. Mit dem Angriff auf nur eine Erwägung von zwei tragenden Argumentationslinien wird die Revision den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO nicht gerecht (vgl. zu dem Parallelproblem einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung bei mehreren tragenden Erwägungen BAG 8. Oktober 2008 – 5 AZR 526/07 – Rn. 17, NZA 2008, 1429).

B. Die Revision ist im Übrigen teilweise begründet. Die Klage hat in der Sache Erfolg, soweit die Klägerin Abgeltung des gesetzlichen Teilurlaubs aus dem Jahr 2005 von sieben Urlaubstagen und des gesetzlichen Vollurlaubs aus dem Jahr 2006 von 20 Urlaubstagen verlangt. Hinsichtlich des vertraglichen Mehrurlaubs aus den Jahren 2005 und 2006 ist die Klage unbegründet.

I. Der Anspruch der Klägerin auf Urlaub für die Jahre 2005 und 2006 ist in gesetzlicher Höhe entstanden. Die Klägerin hatte nach dem Ende der sechsmonatigen Wartezeit des § 4 BUrlG in der Fünftagewoche Anspruch auf sieben Tage Teilurlaub aus dem Jahr 2005 und 20 Tage Vollurlaub aus dem Jahr 2006. Dem Anspruch auf Vollurlaub stand nicht entgegen, dass die Klägerin im Jahr 2006 längere Zeit arbeitsunfähig war und diese Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres und darüber hinaus andauerte. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats erkannt, dass der von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleistete Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen auch entsteht, wenn der Arbeitnehmer im gesamten Bezugszeitraum oder in Teilen davon arbeitsunfähig erkrankt ist (EuGH 20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [verbundene Rechtssachen Schultz-Hoff, Stringer ua., im Folgenden: Schultz-Hoff] Rn. 41, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1; Senat 21. Juni 2005 – 9 AZR 200/04 – zu II 1 a der Gründe, AP InsO § 55 Nr. 11 = EzA BUrlG § 7 Nr. 114; grundlegend BAG 13. Mai 1982 – 6 AZR 360/80 – zu II 4 a bis e der Gründe, BAGE 39, 53).

II. Der Beklagte erfüllte die gesetzlichen und vertraglichen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005 und 2006 durch die Arbeitsbefreiung der Klägerin während der Schul- und der „Karnevalsferien“ nicht iSv. § 362 Abs. 1 BGB. Er stellte die Klägerin nicht von der Arbeitspflicht frei, um ihre Urlaubsansprüche zu erfüllen. Eine solche Freistellungserklärung war nicht entbehrlich.

1. Der Arbeitgeber ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ohne zuvor geäußerten Urlaubswunsch nicht dazu verpflichtet, den Arbeitnehmer anzuhören oder seine Urlaubswünsche zu erfragen. Ein dem Arbeitgeber mitgeteilter Urlaubswunsch ist nicht Voraussetzung des Rechts des Arbeitgebers, die zeitliche Lage des Urlaubs festzulegen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG hat der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers bei der Urlaubserteilung dennoch zu berücksichtigen. Die ohne einen solchen Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte zeitliche Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist rechtswirksam, wenn der Arbeitnehmer auf die Erklärung des Arbeitgebers hin keinen anderweitigen Urlaubswunsch äußert (vgl. nur Senat 23. Januar 2001 – 9 AZR 26/00 – zu I 2 a der Gründe, BAGE 97, 18). Die Freistellungserklärung, mit der der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Arbeitspflicht zum Zweck des Urlaubs erlässt, ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang beim Arbeitnehmer nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam wird (für die st. Rspr. Senat 23. Januar 1996 – 9 AZR 554/93 – zu II 1 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 10 = EzA BUrlG § 5 Nr. 16).

2. Die bloße Erklärung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer könne zu Hause bleiben oder sei von der Arbeitspflicht entbunden, genügt nicht, um den Urlaubsanspruch zum Erlöschen zu bringen . Die zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wird. Sonst ist nicht bestimmbar, ob der Arbeitgeber die geschuldete Leistung als Schuldner des Urlaubsanspruchs bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB), als Gläubiger der Arbeitsleistung nach § 615 Satz 1 BGB auf deren Annahme verzichtet oder er dem Arbeitnehmer nach § 397 Abs. 1 BGB anbietet, die Arbeitspflicht vertraglich zu erlassen (Senat 20. Januar 2009 – 9 AZR 650/07 – Rn. 24; 14. August 2007 – 9 AZR 934/06 – Rn. 10, EzA BUrlG § 7 Nr. 119).

a) Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 133 BGB aus der objektivierten Sicht des Empfängers auszulegen. Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, ist er allein maßgeblich, selbst wenn er im Wortlaut nur falsch oder unvollkommen ausgedrückt ist (AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 58 mwN). Die Freistellungserklärung ist die vom Arbeitgeber geschuldete Erfüllungshandlung. Der Leistungserfolg tritt ein, wenn der Arbeitnehmer infolge der Freistellungserklärung tatsächlich von der Arbeitspflicht befreit wird (vgl. Senat 16. Dezember 2008 – 9 AZR 164/08 – zu A III 1 b cc der Gründe).

b) Ein solcher übereinstimmender Wille ist hier nicht festzustellen. Dem steht nicht entgegen, dass Urlaub nach § 8 Satz 3 des Arbeitsvertrags nur in den „offiziellen Schulferien“ genommen werden konnte. Die Dauer der Schulferien überstieg die Urlaubsansprüche der Klägerin deutlich. Der Beklagte hatte keine Betriebsferien iSv. § 36 Abs. 7 Satz 1 KAVO angeordnet. Schulferien sind keine Betriebsferien in diesem Sinn. Mit Betriebsferien wird der Zeitraum bezeichnet, in dem der Betrieb oder einzelne Betriebsteile vorübergehend stillgelegt werden, damit den Arbeitnehmern einheitlich Urlaub gewährt werden kann (vgl. AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 72).

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten waren Freistellungserklärungen für die Ferienzeiten nicht entbehrlich (zum Erfordernis einer unmissverständlichen Freistellungserklärung Senat 25. Januar 1994 – 9 AZR 312/92 – zu II 1 und 2 der Gründe, BAGE 75, 294).

a) Die Klägerin arbeitete an sog. Regelarbeitstagen sechs Stunden, also länger, als es dem jeweiligen Anteil an ihrer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 26 Stunden nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags entsprach. Sie konnte deshalb ohne eine ausdrückliche Erklärung oder ein Verhalten des Beklagten, dem der Erklärungswert einer Freistellung zur Urlaubserteilung zukam, nicht erkennen, ob der Beklagte in den Schulferien Urlaub erteilte oder Freizeitausgleich für Überarbeit gewährte. In Ferienzeiten, in denen der Beklagte weder Urlaub noch Freizeitausgleich gewährte, war die Klägerin verpflichtet zu arbeiten, wenn der Beklagte eine entsprechende Weisung erteilte (vgl. für angestellte Lehrer BAG 19. Dezember 2007 – 5 AZR 260/07 – Rn. 19, AP TzBfG § 4 Nr. 15 = EzA TzBfG § 4 Nr. 14; Senat 16. Oktober 2007 – 9 AZR 144/07 – Rn. 44 f., AP GewO § 106 Nr. 2). Folgerichtig war der Urlaub nach § 8 Satz 1 des Arbeitsvertrags zu „beantragen“.

b) Die Verfahrensrüge, die der Beklagte in der Revisionsverhandlung erhoben hat, ist unzulässig. Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind für den Senat bindend (§ 559 Abs. 1 ZPO).

aa) Der Beklagte hat geltend gemacht, der Rechtsstreit sei an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, weil er Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu der von ihm angenommenen Entbehrlichkeit ausdrücklicher oder konkludenter Freistellungserklärungen zum Zweck der Urlaubserteilung erhalten müsse.

bb) Der Beklagte konnte diese sog. Gegenrüge ohne Anschlussrevision (§ 554 ZPO) bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht erheben. Mit Gegenrügen kann der Revisionsbeklagte vermeiden, dass ihm Feststellungen des Berufungsgerichts schaden, wenn das Revisionsgericht der Auffassung des Revisionsklägers zustimmt (BAG 28. September 2005 – 10 AZR 587/04 – zu III 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 278 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 123).

cc) Die Verfahrensrüge ist nicht ordnungsgemäß begründet iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Der Beklagte hat nicht angegeben, welchen ergänzenden Vortrag er gehalten hätte. Wer die Verletzung des § 139 ZPO durch das Berufungsgericht rügt, muss im Einzelnen angeben, welche Tatsachen er auf den vermissten Hinweis hin vorgebracht hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge des § 139 ZPO schlüssig gemacht werden. Nur dann ist es gerechtfertigt, die Sache zurückzuverweisen. Wird nicht ausgeführt, was die Partei vorgebracht hätte, lässt sich nicht absehen, ob die Erfüllung der Hinweispflicht zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (BAG 19. Januar 2006 – 6 AZR 600/04 – Rn. 22 mwN, BAGE 117, 14).

4. Da der Beklagte nicht ausdrücklich oder konkludent erklärte, die Klägerin von der Arbeitspflicht freizustellen, um ihr Urlaub zu gewähren, erfüllte er die Urlaubsansprüche nicht. Er legte den Urlaub bereits nicht zeitlich fest iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG und nahm daher nicht die nötige Erfüllungshandlung vor. Der Urlaubsanspruch kann nicht nachträglich auf Freistellungszeiten in der Vergangenheit angerechnet werden. Sowohl die einseitige nachträgliche Anrechnung als auch die nachträgliche Vereinbarung einer Erfüllung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs scheiden aus. Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten künftigen Zeitraum (Senat 11. Juli 2006 – 9 AZR 535/05 – Rn. 20, AuA 2007, 52; 25. Oktober 1994 – 9 AZR 339/93 – zu 2 der Gründe, BAGE 78, 153). Die Frage, inwieweit die Klägerin in Ferienzeiten tatsächlich unter Fortzahlung der Vergütung von ihrer Arbeitspflicht befreit war, kann deswegen auf sich beruhen.

5. Der Beklagte erfüllte die gesetzlichen Mindesturlaubsansprüche der Klägerin nicht teilweise, indem er ihr in der Zeit vom 6. bis 10. Februar 2006 sog. Sonderurlaub gewährte. Der Senat darf diesen in der Revisionsinstanz neu gehaltenen, streitigen Vortrag nicht berücksichtigen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

a) Der Beklagte meint mit vergütetem Sonderurlaub erkennbar nicht Sonderurlaub iSv. § 38 Abs. 2 KAVO, der einen Verzicht auf die Bezüge voraussetzt. Der Beklagte gebraucht den Begriff des Sonderurlaubs, um eine Urlaubsgewährung außerhalb der Schulferien zu kennzeichnen.

b) Das in der Revisionsinstanz gehaltene neue Vorbringen des Beklagten ist streitig. Der Beklagte hat sich in den Tatsacheninstanzen nur auf die Erfüllung der Urlaubsansprüche durch Freistellung während der Schulferien berufen. Die Klägerin hat die Freistellung an den fünf Arbeitstagen vom 6. bis 10. Februar 2006 in den in der Berufungsverhandlung vom 29. August 2007 vorgelegten Arbeitszeitlisten abweichend von der in der Revisionsinstanz erhobenen Behauptung des Beklagten mit „Ausgleichstagen Überstunden“ bezeichnet .

III. Die Klägerin hat nach § 5 Abs. 1 Buchst. a, § 7 Abs. 4 BUrlG und § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 8 Satz 5 KAVO Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Teilurlaubs aus dem Jahr 2005 von sieben Urlaubstagen. Der darüber hinausgehende vertragliche Teilurlaubsanspruch von zwei weiteren Urlaubstagen aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 37 Abs. 1 Buchst. a KAVO und mit ihm der Abgeltungsanspruch aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 1. Alt. KAVO sind dagegen untergegangen.

1. Die Klägerin erwarb einen Anspruch auf gesetzlichen und vertraglichen Teilurlaub von insgesamt neun Tagen für das Jahr 2005 (26 Urlaubstage in der Fünftagewoche : 12 Monate x 4 volle Monate in der Zeit vom 22. August 2005 bis 31. Dezember 2005 = 8,66 Urlaubstage, aufzurunden auf neun Urlaubstage, vgl. § 5 Abs. 2 BUrlG, § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 37 Abs. 4 Satz 3 KAVO).

2. Dieser Teilurlaubsanspruch wurde auf das Folgejahr übertragen und war nach der Vereinbarung der Parteien bis zum Ende des Folgejahres anzutreten.

a) Der Senat hat das kirchliche Recht der §§ 36 ff. KAVO auszulegen. In einem Arbeitsverhältnis auftretende Fragen des bürgerlichen Rechts sind Streitigkeiten aus einem für alle geltenden Gesetz iSv. Art. 137 Abs. 3 WRV. Die für diese Streitigkeiten zuständigen Arbeitsgerichte müssen auch das entscheidungserhebliche kirchliche Recht anwenden. Sie sind zu einer eigenen Auslegung berechtigt, wenn sich die Kirchen keine Vorfragenkompetenz vorbehalten haben (vgl. BAG 11. November 2008 – 1 AZR 646/07 – Rn. 9). Die KAVO und andere kirchliche Bestimmungen begründen keine solche Vorfragenkompetenz.

b) Die Parteien trafen hier für den Teilurlaubsanspruch im Eintrittsjahr nicht nur die Zwölftelungsregelung in § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 37 Abs. 5 Satz 1 KAVO. Sie vereinbarten außerdem in § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 8 Satz 5 KAVO eine von den beiden gesetzlichen Übertragungsmöglichkeiten des § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 sowie des § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG abweichende Übertragung des Teilurlaubsanspruchs.

aa) Nach der Abrede der Parteien war der Urlaub spätestens bis zum Ende des Folgejahres anzutreten, wenn die Wartezeit im Eintrittsjahr noch nicht verstrichen war. Die Parteien lösten sich damit von den gesetzlichen Vorschriften, die den Teilurlaub regeln (vgl. zu dem im umgekehrten Fall der unterbliebenen vertraglichen Regelung ergänzend heranzuziehenden Gesetzesrecht Senat 29. Juli 2003 – 9 AZR 270/02 – zu B I 1 b der Gründe mwN, BAGE 107, 124). Sie wiederholten in ihrer Vereinbarung nicht nur die gesetzliche Regelung der „von selbst“ eintretenden Übertragung bis zum 31. März des Folgejahres bei vorliegenden dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BUrlG. Die Parteien verknüpften die vertragliche Übertragungsregelung auch nicht mit einem ausdrücklichen oder konkludenten Verlangen des Arbeitnehmers, das nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG noch im Eintrittsjahr als dem Urlaubsjahr zu stellen ist (vgl. Senat 29. Juli 2003 – 9 AZR 270/02 – zu B I 2 b aa (1) der Gründe, aaO; siehe auch 10. Februar 2004 – 9 AZR 116/03 – zu III 4 b cc (2) der Gründe, BAGE 109, 285). Sie begründeten für die Übertragung bis zum Urlaubsantritt am Ende des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres vielmehr nur die eine Voraussetzung der im Urlaubsjahr nicht verstrichenen Wartezeit.

bb) Dieses Erfordernis erfüllt die Klägerin. Die Abweichung vom Gesetz wirkt zu ihren Gunsten, weil die vertragliche Regelung die Anforderungen an eine Übertragung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs senkt. Dem steht der Erholungszweck des Teilurlaubsanspruchs nicht entgegen. § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG kennt die Übertragung bis zum Ende des Folgejahres und bindet sie lediglich an strengere Voraussetzungen als die vertragliche Regelung. Die Abweichung vom Gesetz verstößt daher nicht gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG.

3. Der Abgeltungsanspruch für den entstandenen Teilurlaubsanspruch aus dem Jahr 2005 ging in gesetzlicher Höhe von sieben Urlaubstagen nicht unter (20 Urlaubstage in der Fünftagewoche : 12 Monate x 4 volle Monate in der Zeit vom 22. August 2005 bis 31. Dezember 2005 = 6,66 Urlaubstage) . Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit gehindert war, den Teilurlaub zum Ende des Jahres 2006 anzutreten . Ihr steht seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein Abgeltungsanspruch von 434,95 Euro brutto zu (1.346,30 Euro brutto x 3 Monate : 13 Wochen : 5 Arbeitstage x 7 Urlaubstage). Der darüber hinausgehende vertragliche Teilurlaubsanspruch von zwei weiteren Urlaubstagen (26 Urlaubstage : 12 Monate x 4 volle Monate in der Zeit vom 22. August 2005 bis 31. Dezember 2005) erlosch demgegenüber nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 6 Satz 6, Abs. 8 Satz 5 und 6 KAVO mit dem 31. Dezember 2006. Mit dem Anspruch auf vertraglichen übergesetzlichen Teilurlaub ging auch der Anspruch auf seine Abgeltung aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 39 Abs. 1 Satz 2 KAVO unter.

a) Der gesetzliche Teilurlaubsanspruch verfiel nicht mit dem 31. Dezember 2006, obwohl die Klägerin den Teilurlaub zu diesem Zeitpunkt wegen ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht antreten konnte (vgl. § 36 Abs. 6 Satz 6, Abs. 8 Satz 5 und 6 KAVO).

aa) Der Beklagte stützt sich für seine entgegenstehende Auffassung wie die Vorinstanzen auf die ständige Senatsrechtsprechung. Danach wandelt sich der gesetzliche Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in den Ersatz eines Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG um, wenn der Urlaubsanspruch am Ende des Urlaubsjahres oder – im Fall der Übertragung – am Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllbar gewesen wäre. Der Urlaubsanspruch erlischt in diesem Fall. Erfüllbar ist der Urlaubsanspruch nach der bisherigen Ansicht des Senats nicht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht während des Bezugs- und des Übertragungszeitraums gewähren konnte, weil der Arbeitnehmer bis zum Ende des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig blieb. Der Senat ist bislang davon ausgegangen, dass der Abgeltungsanspruch mit Ausnahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an dieselben Voraussetzungen gebunden ist wie der Urlaubsanspruch selbst (vgl. nur 21. Juni 2005 – 9 AZR 200/04 – zu II 1 a der Gründe, AP InsO § 55 Nr. 11 = EzA BUrlG § 7 Nr. 114; 10. Mai 2005 – 9 AZR 253/04 – zu III 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 13; grundlegend BAG 13. Mai 1982 – 6 AZR 360/80 – zu II 4 b bis e der Gründe, BAGE 39, 53).

bb) Die Auslegung, die § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG in der Senatsrechtsprechung für Fälle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit erfahren hat, die bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums andauerte, widerspricht sekundärem Gemeinschaftsrecht. Das folgt aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1). Dort hat der EuGH in Auslegung von Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (sog. Arbeitszeitrichtlinie, ABl. EU Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) im Rahmen einer Vorabentscheidung nach Art. 234 EG der Rechtsprechung des Senats entgegenstehende Rechtssätze aufgestellt. Diese Auslegungsergebnisse sind für den Senat inhaltlich – auch außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses in der Sache Schultz-Hoff – verbindlich. Der EuGH ist als gesetzlicher Richter iSv. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur endgültigen Entscheidung über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts berufen (vgl. nur BVerfG 22. Oktober 1986 – 2 BvR 197/83 – [Solange II] zu B I 1 a der Gründe, BVerfGE 73, 339; BVerwG 10. November 2000 – 3 C 3.00 – zu 3.1 der Gründe, BVerwGE 112, 166). Angesichts seiner Bindung an die Auslegungsergebnisse des zuständigen Gerichts der Europäischen Gemeinschaften hat der Senat nicht auszuführen, ob er der Auslegung des EuGH zustimmt.

(1) Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG ist „dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortbestand, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“ (EuGH 20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] Rn. 33 und 52, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1). Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie steht einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit der Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, nicht entgegen. Diese Modalitäten können sogar den Verlust des Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums beinhalten. Das gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den ihm von der Richtlinie verliehenen Urlaubsanspruch auszuüben (vgl. EuGH 20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] Rn. 43, aaO).

Der Senat schließt daraus, dass der EuGH die Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs in den Ausnahmefällen, in denen vom Willen des Arbeitnehmers unabhängige Gründe der Urlaubsgewährung entgegenstehen, an enge Voraussetzungen bindet. Der Arbeitnehmer darf bei Krankheit wegen der daraus herrührenden Arbeitsunfähigkeit nicht dazu in der Lage gewesen sein, seinen Urlaubsanspruch bis zum Ende des Urlaubsjahres oder eines einzelstaatlich vorgesehenen Übertragungszeitraums zu verwirklichen.

(2) Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG ist nach der Rechtsprechung des EuGH „dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte“ (20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] Rn. 62, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1). Für die Berechnung der finanziellen Vergütung ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers maßgebend, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen ist (20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] aaO).

cc) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat seiner Vorabentscheidung in der Sache Schultz-Hoff mit Art. 7 Abs. 1 und 2 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG allein sekundäres Gemeinschaftsrecht zugrunde gelegt (vgl. demgegenüber die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Sache Schultz-Hoff vom 24. Januar 2008 – C-350/06 – Rn. 33 und 39: bezahlter Jahresurlaub als soziales Grundrecht und jedermann zustehendes Menschenrecht iSv. Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union; kritisch dazu Bauer/Arnold NJW 2009, 631, 633). Der EuGH hat in mehreren Entscheidungen hervorgehoben, dass der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaften sei. Von ihm dürfe nicht abgewichen werden. Die zuständigen nationalen Stellen dürften ihn nur in den in der Richtlinie ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen (20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] Rn. 22, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1; 6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 28, Slg. 2006, I-3423; 16. März 2006 – C-131/04 und C-257/04 – [Robinson-Steele ua.] Rn. 48, Slg. 2006, I-2531; 18. März 2004 – C-342/01 – [Merino Gómez] Rn. 29, Slg. 2004, I-2605; 26. Juni 2001 – C-173/99 – [BECTU] Rn. 43, Slg. 2001, I-4881) . Der Europäische Gerichtshof hat diesen Grundsatz jedoch nicht auf die Verträge, sondern auf Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie gestützt.

dd) § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG bindet den (Teil-)Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr und im Fall einer der Übertragungsmöglichkeiten daran, dass der Urlaub innerhalb eines bestimmten Zeitraums im Folgejahr gewährt und genommen wird. Bestehen dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG, wird der Urlaub „von selbst“ auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers, das noch im Eintrittsjahr als dem Urlaubsjahr zu äußern ist, ist ein Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG auf das – gesamte – Folgejahr zu übertragen (vgl. Senat 29. Juli 2003 – 9 AZR 270/02 – zu B I 2 b aa (1) der Gründe, BAGE 107, 124).

ee) Einzelstaatliche Normen sind im Verhältnis zu einem privaten Arbeitgeber wie dem beklagten Verein grundsätzlich nur dann unangewendet zu lassen, wenn das nationale Recht gegen das Primärrecht der Gemeinschaften verstößt (vgl. zB BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 253/07 (A) – Rn. 43). So hat der EuGH den Unanwendbarkeitsausspruch in der Sache Mangold mit dem Verbot der Altersdiskriminierung begründet, das auf den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts beruhe (22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 78, Slg. 2005, I-9981; vgl. dagegen den nicht primärrechtlichen Prüfungsmaßstab in EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 – [Palacios de la Villa] Rn. 42 ff., Slg. 2007, I-8531; siehe auch 23. September 2008 – C-427/06 – [Bartsch] Rn. 23 f., NZA 2008, 1119; zu den Fragen des Verstoßes gegen Primärrecht BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 253/07 (A) – Rn. 32, 35 und 41).

ff) Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG kommt keine unmittelbare Wirkung gegenüber dem als Privatrechtssubjekt organisierten beklagten Verein zu.

(1) Richtlinien der Gemeinschaft wenden sich nach Art. 249 Abs. 3 EG an die Mitgliedstaaten. Sie verpflichten die Mitgliedstaaten, die von der Richtlinie verfolgten Ziele innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umzusetzen. Richtlinien wirken deshalb nicht direkt zwischen Bürgern. Selbst eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, findet im Privatrechtsverhältnis nicht als solche unmittelbare Anwendung (vgl. nur EuGH 7. Juni 2007 – C-80/06 – [Carp] Rn. 20, Slg. 2007, I-4473; 5. Oktober 2004 – C-397/01 bis C-403/01 – [Pfeiffer ua.] Rn. 108 f., Slg. 2004, I-8835).

(2) Sind die Voraussetzungen einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie nicht erfüllt, folgt daraus nicht, dass richtlinienwidriges nationales Recht nicht angewandt werden darf. Das Gemeinschaftsrecht enthält keinen Mechanismus, der es dem nationalen Gericht erlaubt, nationale Vorschriften zu „eliminieren“, die von der Regelung einer nicht oder unzureichend umgesetzten Richtlinie abweichen (EuGH 26. September 1996 – C-168/95 – [Arcaro] Rn. 40 ff., Slg. 1996, I-4705; näher zur fehlenden horizontalen Direktwirkung zwischen Privatrechtssubjekten BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 253/07 (A) – Rn. 52).

gg) § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG kann jedoch richtlinienkonform fortgebildet werden.

(1) Den nationalen Gerichten obliegt es, den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für den Einzelnen aus den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen ergibt. Die innerstaatlichen Gerichte müssen die volle Wirkung des Gemeinschaftsrechts sicherstellen. Die nationalen Gerichte haben wegen Art. 249 Abs. 3 EG davon auszugehen, dass der Mitgliedstaat den Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie ergeben, in vollem Umfang nachkommen wollte. Das Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung ist dem EG-Vertrag immanent. Es beschränkt sich nicht auf die Auslegung der innerstaatlichen Bestimmungen. Die von ihm begründete Verpflichtung verlangt vielmehr, dass die nationalen Gerichte das gesamte innerstaatliche Recht berücksichtigen, um zu beurteilen, inwieweit es angewandt werden kann, damit kein der Richtlinie widersprechendes Ergebnis herbeigeführt wird. Ermöglicht es das nationale Recht durch Anwendung seiner Auslegungsmethoden, eine innerstaatliche Bestimmung so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden wird, sind die nationalen Gerichte gehalten, die gleichen Methoden anzuwenden, um das von der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn die nationalen Gerichte die Reichweite der innerstaatlichen Bestimmung zu diesem Zweck einschränken müssen (vgl. EuGH 5. Oktober 2004 – C-397/01 bis C-403/01 – [Pfeiffer ua.] Rn. 111 f., 115 ff., Slg. 2004, I-8835; zum Gebot der richtlinienkonformen Auslegung ferner EuGH 11. Juli 2006 – C-13/05 – [Chacón Navas] Rn. 56, Slg. 2006, I-6467; BAG 23. März 2006 – 2 AZR 343/05 – Rn. 25, BAGE 117, 281; Winter JbArbR Bd. 40, 21, 46 f.; zu den Grenzen richtlinienkonformer Auslegung BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – zu B IV 3 b dd der Gründe, BAGE 105, 32: keine richtlinienkonforme Auslegung „contra legem“).

(2) In Anwendung dieser Grundsätze ist § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG so zu verstehen, dass gesetzliche Urlaubsabgeltungsansprüche nicht erlöschen, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig sind. Das entspricht Wortlaut, Systematik und Zweck der innerstaatlichen Regelungen, wenn die Ziele des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG und der regelmäßig anzunehmende Wille des nationalen Gesetzgebers zur ordnungsgemäßen Umsetzung von Richtlinien berücksichtigt werden (für eine gebotene richtlinienkonforme Auslegung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG LAG Düsseldorf 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – zu B II der Gründe, in dem auf die Vorabentscheidung des EuGH in der Sache Schultz-Hoff ergangenen Berufungsurteil, allerdings in einer Konstellation der ohnehin eingetretenen vertikalen Direktwirkung gegenüber einem öffentlichen Arbeitgeber; ebenfalls befürwortend Dornbusch/Ahner NZA 2009, 180, 183; Kloppenburg jurisPR-ArbR 5/2009 Anm. 1; Kohte/Beetz jurisPR-ArbR 11/2009 Anm. 3; Mestwerdt jurisPR-ArbR 10/2009 Anm. 1; wohl auch Gaul/Josten/Strauf BB 2009, 497, 498 f.; aA Bauer/Arnold NJW 2009, 631, 633; Thüsing FA 2009, 65; offengelassen von Schmidt BB 2009, 504 und Wolmerath FA 2009, 79).

(a) Aus Sicht des Senats spricht viel dafür, das Ergebnis einer möglichen und gebotenen richtlinienkonformen Auslegung bereits aus einer einschränkenden Gesetzesauslegung im engeren Sinn zu gewinnen, dh. aus einer Rechtsfindung innerhalb des Wortlauts der nationalen Norm (zu diesem Begriff BGH 26. November 2008 – VIII ZR 200/05 – Rn. 20, NJW 2009, 427).

(aa) Der Möglichkeit einer einfachen einschränkenden Gesetzesauslegung scheint – oberflächlich betrachtet – entgegenzustehen, dass der Fall, in dem Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums durch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gehindert sind, ihren Urlaubsanspruch zu verwirklichen, nicht ausdrücklich von den zeitlichen Begrenzungen des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG ausgenommen ist (zu der Kritik, dass der Wortlaut des Bundesurlaubsgesetzes schon keine Befristung des Anspruchs enthalte, jedenfalls aber keine absolute Fixschuld begründe, LAG Düsseldorf 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – zu B II 2 der Gründe).

(bb) Das Erfordernis der Erfüllbarkeit der Freistellung, der Verfall des Urlaubsanspruchs und der Surrogationscharakter des Abgeltungsanspruchs sind im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich angelegt und dem Gesetzeszusammenhang nicht in einer Weise zu entnehmen, die jede andere Auslegung ausschließt. Der Verfall ist in § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG nicht ausdrücklich angeordnet. Die Abgeltung ist im Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG nicht davon abhängig gemacht, dass der Urlaubsanspruch erfüllbar ist. Der vor 1982 für das Urlaubsrecht zuständige Fünfte Senat nahm deshalb an, dass Urlaubsabgeltungsansprüche bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums nicht verfielen (13. November 1969 – 5 AZR 82/69 – zu 2 der Gründe, BAGE 22, 211) .

(cc) § 9 BUrlG und § 17 Abs. 2 und 3 BEEG deuten zudem darauf hin, dass sich Zeiten, in denen der Urlaubsanspruch aus Gründen, die vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig sind, nicht realisiert werden kann, nicht nachteilig auf den Bestand des Urlaubs- und des Urlaubsabgeltungsanspruchs auswirken dürfen. Der bisher aus § 17 Abs. 2 und 3 BEEG gezogene Umkehrschluss des Senats, in allen anderen Fällen als der Elternzeit verfielen die beiden Ansprüche, verbietet sich vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH in der Sache Schultz-Hoff. Sonst käme es zu einem Ergebnis, das den Zielen von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG widerspräche, obwohl Wortlaut und Zusammenhang des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG nicht eindeutig sind. Ein solches Vorgehen liefe der Verpflichtung der nationalen Gerichte zuwider, innerhalb der Grenzen des Wortlauts und des gesetzgeberischen Willens die volle Wirkung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen (vgl. EuGH 5. Oktober 2004 – C-397/01 bis C-403/01 – [Pfeiffer ua.] Rn. 111 und 115, Slg. 2004, I-8835).

(b) Ob eine einschränkende Auslegung innerhalb der Grenzen des Wortlauts des nationalen Rechts möglich ist, kann offenbleiben. Jedenfalls ist eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion der zeitlichen Grenzen des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG in Fällen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des jeweiligen Übertragungszeitraums geboten und vorzunehmen.

(aa) Der von der Rechtsprechung des EuGH geprägte Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinn. Der EuGH geht hinsichtlich des Begriffs der „Auslegung“ nicht von der im deutschen Rechtskreis – abweichend von den Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten – üblichen Unterscheidung zwischen Auslegung im engeren Sinn und Rechtsfortbildung aus (BGH 26. November 2008 – VIII ZR 200/05 – Rn. 21, NJW 2009, 427; Schlachter RdA 2005, 115, 119 f.). Auch die Einschränkung, wonach die richtlinienkonforme Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts entgegen dem Willen des nationalen Gesetzgebers dienen darf, bezieht sich nicht auf die Grenze des Wortlauts (zum parallelen Problem der verfassungskonformen Auslegung BVerfG 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – zu D I der Gründe, BVerfGE 93, 37; zur richtlinienkonformen Auslegung BAG 24. Januar 2006 – 1 ABR 6/05 – Rn. 43, BAGE 117, 27). Der Begriff der „Auslegung contra legem“ ist funktionell zu verstehen. Er meint den Bereich, in dem eine richterliche Rechtsfindung unzulässig ist, weil sie eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen ändern will und damit – nach deutschem Verfassungsrecht – die Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt. Wird diese Grenze nicht überschritten, ist das nationale Recht richtlinienkonform fortzubilden, wo es nötig und möglich ist (vgl. BGH 26. November 2008 – VIII ZR 200/05 – Rn. 21 und 29 ff. mwN, aaO).

(bb) Daraus folgt hier das Gebot einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion. Die zeitlichen Beschränkungen des Urlaubsanspruchs in § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG bestehen im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Bezugs- und/oder Übertragungszeitraums nicht. Die Reduktion erfasst den Urlaubsabgeltungsanspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG.

(cc) Die für die Reduktion zu fordernde Voraussetzung einer verdeckten Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes ist erfüllt (zu diesem Kriterium BGH 26. November 2008 – VIII ZR 200/05 – Rn. 22, NJW 2009, 427). Die Gesetzesmaterialien der vor Inkrafttreten der ersten Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG geltenden Fassung des Bundesurlaubsgesetzes behandeln den Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht. Die letzte Änderung des § 7 BUrlG trat mit Wirkung vom 1. Juni 1994 in Kraft (BGBl. I S. 1014). Damals wurde § 7 Abs. 1 BUrlG um seinen heutigen Satz 2 ergänzt. Danach ist der Urlaub zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation verlangt. Mit der Neufassung sollte das gesundheitspolitische Anliegen des Gesetzgebers unterstrichen werden (ErfK/Dörner 9. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 1). Dieses Anliegen deckt sich mit einem der Ziele der Richtliniengeber. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub aus Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie soll jedem Arbeitnehmer unabhängig von seinem Gesundheitszustand gewährt werden (EuGH 20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06 – [Schultz-Hoff] Rn. 54, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1). Aus der Gesetzesgeschichte des Bundesurlaubsgesetzes geht daher kein Anhaltspunkt für eine den Richtlinienzielen widersprechende Zielsetzung des deutschen Gesetzgebers hervor.

hh) Das mit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verbundene Hindernis, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen, ist zugleich ein Sachgrund für die Ungleichbehandlung der arbeitsfähigen Arbeitnehmer, deren Anspruch zeitlich begrenzt ist. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3, 4 und Abs. 4 BUrlG genügt aus diesem Grund auch den Anforderungen einer verfassungskonformen Auslegung im Licht des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG (dazu näher Senat 20. Mai 2008 – 9 AZR 219/07 – Rn. 32 ff., AP BErzGG § 17 Nr. 12).

ii) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verlangt nicht, die vor der Verkündung der Entscheidung des EuGH in der Sache Schultz-Hoff vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 – EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1) und schon vor den Schlussanträgen der Generalanwältin Trstenjak vom 24. Januar 2008 am17. Januar 2007rechtshängig und mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1. Februar 2007 fällig gewordenen Urlaubsabgeltungsansprüche der Klägerin zu verneinen (aA Bauer/Arnold NJW 2009, 631, 633 f.; im Ergebnis offengelassen von Gaul/Josten/Strauf BB 2009, 497, 500).

(1) Der EuGH selbst hat davon abgesehen, die Rückwirkung seiner Entscheidung auszuschließen (zu dieser – im konkreten Fall abgelehnten – Möglichkeit zB EuGH 15. März 2005 – C-209/03 – [Bidar] Rn. 65 ff., Slg. 2005, I-2119).

(2) Die nationalen Gerichte sind als Teil der Staatsgewalt an das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Sie haben den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu beachten (zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in diesem Bereich LAG Düsseldorf 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – zu B V 1 der Gründe; Gaul/Josten/Strauf BB 2009, 497, 500, jeweils mwN).

(a) Die innerstaatlichen Gerichte müssen bei einer Rechtsprechungsänderung den ggf. nötigen Schutz vor Rückwirkung in Betracht ziehen. Höchstrichterliche Entscheidungen erzeugen zwar keine dem Gesetzesrecht vergleichbaren Rechtsbindungen, sondern stellen lediglich die Rechtslage in einem konkreten Fall fest (vgl. etwa BAG 23. März 2006 – 2 AZR 343/05 – Rn. 33, BAGE 117, 281). Der Bürger darf dennoch auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgestellte Rechtslage vertrauen, wenn sich eine Änderung der Rechtsprechung nicht im Rahmen der vorhersehbaren Entwicklung hält (BGH 26. November 2008 – VIII ZR 200/05 – Rn. 33, NJW 2009, 427; für einen Unanwendbarkeitsausspruch enger: BAG 26. April 2006 – 7 AZR 500/04 – Rn. 40 ff., BAGE 118, 76).

(b) Die mit einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung verbundene Änderung der Senatsrechtsprechung überschreitet den Rahmen einer für den Beklagten vorhersehbaren Entwicklung nicht.

(aa) Bei Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. August 2006 in der Sache Schultz-Hoff (- 12 Sa 486/06 – LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) war der Teilurlaubsanspruch der Klägerin aus dem Jahr 2005 nach der bisherigen Auslegung des deutschen Rechts durch den Senat noch nicht verfallen. Er war nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 8 Satz 5 KAVO auf die Zeit bis 31. Dezember 2006 übertragen. Das Vorabentscheidungsersuchen vom 2. August 2006 war der vorläufige Schlusspunkt der seit 1989 geübten Kritik des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf an der Rechtsprechung des Senats zum Verfall von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen sowie zu der Surrogation des Urlaubsanspruchs durch den Urlaubsabgeltungsanspruch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (siehe die vom LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – zu B I 3 der Gründe zitierte eigene Rechtsprechung). Die Vorlage an den EuGH ist eine Zäsur in der Rechtsentwicklung. Während der Senat die seiner Rechtsprechung entgegenstehenden Entscheidungen der Zwölften Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zuvor immer aufgehoben hatte, war nun ein anderes – das für Fragen des Gemeinschaftsrechts zuständige – Gericht angerufen. Deutsche Arbeitgeber mussten damit rechnen, dass der EuGH die in dem Vorabentscheidungsersuchen gestellten Rechtsfragen abweichend von der Rechtsprechung des Senats und der hM im Schrifttum beantworten könnte.

(bb) Der EuGH hatte zu den Vorlagefragen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zuvor nicht Stellung genommen. Ein Teil des Schrifttums hatte bereits völker- und gemeinschaftsrechtliche Bedenken an der Rechtsprechung des Senats geäußert (Kohte BB 1984, 609, 615 ff.; derselbe FS Schwerdtner S. 99, 104 ff.; Künzl BB 1991, 1630, 1632). Es war damit ungewiss, ob der EuGH die in § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG nach der Auslegung des Senats enthaltenen Bedingungen für die Inanspruchnahme und Gewährung bezahlten Mindesturlaubs als mit Art. 7 Abs. 1 und 2 der Arbeitszeitrichtlinie vereinbar beurteilen würde.

(cc) Der Beklagte musste deshalb zumindest seit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. August 2006 in der Sache Schultz-Hoff (- 12 Sa 486/06 – LAGE BUrlG § 7 Nr. 43) damit rechnen, den Teilurlaubsanspruch noch erfüllen und ihn mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelten zu müssen. Eine uneingeschränkte Anwendung von § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4, Abs. 4 BUrlG konnte in Fällen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht mehr als gesichert angesehen werden.

jj) Die in § 14 des Arbeitsvertrags und § 57 Abs. 1 KAVO vorgesehene sechsmonatige Ausschlussfrist ist gewahrt. Der Senat hat hier nicht darüber zu entscheiden, ob Ausschlussfristen bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit unter Beachtung des Richtlinienrechts zum Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen führen können.

b) Der über den gesetzlichen Anspruch aus § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG hinausgehende vertragliche Teilurlaubsanspruch von zwei weiteren Urlaubstagen erlosch im Unterschied zum gesetzlichen Teilurlaubsanspruch nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 6 Satz 6, Abs. 8 Satz 5 und 6 KAVO mit dem 31. Dezember 2006. Mit dem Anspruch auf übergesetzlichen vertraglichen Teilurlaub ging auch der Anspruch auf seine Abgeltung aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 39 Abs. 1 Satz 2 KAVO unter.

aa) Der Arbeitsvertrag ist ein vom Beklagten vorformulierter Vertrag, den er nach dem Erscheinungsbild mehrfach verwendet hat. Der Text der Vereinbarung, der auf die KAVO verweist, enthält über die persönlichen Daten der Klägerin hinaus keine individuellen Besonderheiten. Den Inhalt eines solchen Mustervertrags kann der Senat selbst nach §§ 133, 157 BGB auslegen (vgl. nur 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 58, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21) .

bb) Nach § 36 Abs. 8 Satz 6 der durch § 2 des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen KAVO verfällt Urlaub, der nicht innerhalb der in diesem Absatz zuvor genannten Fristen angetreten ist, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. § 36 Abs. 8 Satz 6 KAVO verweist in der zugehörigen Fußnote auf den inzwischen aufgehobenen § 17 BErzGG, der in seinen Absätzen 2 und 3 inhaltsgleich mit § 17 BEEG war.

(1) Die Parteien des Einzelarbeitsvertrags können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von § 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Mindestjahresurlaubsanspruch von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsmacht ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG beschränkt. Dem einzelvertraglich angeordneten Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs und seiner Abgeltung steht nach dem klaren Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kein Gemeinschaftsrecht entgegen (vgl. zu diesen Erfordernissen für eine eigene Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch das nationale Gericht EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Rn. 13 ff., Slg. 1982, 3415). Eine Vorlagepflicht nach Art. 234 Satz 3 EG besteht nicht.

(a) Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. Die Richtlinie bindet nur den von ihr gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen an die von den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten vorgesehenen Modalitäten. Die vom deutschen Recht begründeten Voll- und Teilurlaubsansprüche aus § 3 Abs. 1 und § 5 BUrlG stimmen in ihrer Höhe mit dem von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie verbürgten Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen überein.

(b) Nach Art. 15 der Richtlinie 2003/88/EG berührt diese nicht das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten. Einzelvertragliche Vereinbarungen sind nach Auffassung des Senats nicht Gegenstand der Regelung. Ihr Adressat sind die Mitgliedstaaten. Selbst wenn auch einzelvertragliche Abreden gemeint sein sollten, ließe Art. 15 der Richtlinie 2003/88/EG die Regelungsmacht der Vertragsparteien ausdrücklich unberührt. Die Arbeitszeitrichtlinie enthält im Unterschied zur Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG (ABl. EG Nr. L 348 vom 28. November 1992 S. 1) keine Regelung, die Mehrurlaubsansprüche erfasst (zum Verhältnis der Urlaubsregelung in Art. 7 Abs. 1, Art. 15 der Arbeitszeitrichtlinie idF 93/104/EG und der Bestimmung in Art. 11 Nr. 2 Buchst. a der Mutterschutzrichtlinie, die bei sog. Mutterschaftsurlaub abweichend von der Arbeitszeitrichtlinie Urlaubsansprüche von über vier Wochen erfasst, EuGH 18. März 2004 – C-342/01 – [Merino Gómez] Rn. 42 bis 45, Slg. 2004, I-2605).

(2) Für einen Regelungswillen der Parteien des Einzelarbeitsvertrags, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, müssen im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB deutliche Anhaltspunkte bestehen.

(3) Die Voraussetzungen einer nur ausnahmsweise anzunehmenden Abweichung der Vertragspartner vom Gesetzesrecht sind hier erfüllt. Die Parteien ordneten mit der Regelung in § 36 Abs. 8 Satz 6 KAVO über § 7 BUrlG hinaus ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs an. Sie differenzierten zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen. Das wird an § 36 Abs. 8 Satz 6 KAVO deutlich. Die Bestimmung ordnet den Verfall nicht rechtzeitig angetretenen Urlaubs an, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. In der zugehörigen Fußnote wird für eine abweichende gesetzliche Regelung beispielhaft auf § 17 BErzGG verwiesen. Die Vertragsparteien zeigten damit, dass sie jedenfalls den vertraglichen Mehrurlaub und seine Abgeltung vom Gesetzesrecht „abkoppeln“ wollten. Der Beklagte brachte – für die Klägerin ersichtlich – zum Ausdruck, keine höheren als die gesetzlich geschuldeten Leistungen erbringen zu wollen. Der vertragliche Anspruch auf übergesetzlichen Teilurlaub und mit ihm der Abgeltungsanspruch verfielen, weil die Klägerin den Teilurlaub aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht bis 31. Dezember 2006 antreten konnte (§ 36 Abs. 6 Satz 6, Abs. 8 Satz 5 und 6 KAVO).

cc) Die durch Auslegung gewonnenen vertraglichen Vereinbarungen halten einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in §§ 305 ff. BGB stand. Der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags auf die KAVO, dem damit verbundenen Verfall des vertraglichen Mehrurlaubs und seiner Abgeltung sowie der Wirksamkeit der Verweisung stehen weder § 305c Abs. 2 noch § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen. Die Klausel wurde wirksamer Bestandteil der vertraglichen Abreden.

(1) Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags ist nach dem äußeren Erscheinungsbild des Arbeitsvertrags eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die der verwendende Beklagte der Klägerin bei Vertragsschluss stellte. Sie ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BAG 16. April 2008 – 7 AZR 132/07 – Rn. 14, AP BGB § 305c Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 14).

(2) Die Verweisungsklausel wurde Bestandteil des Arbeitsvertrags der Parteien, obwohl sie mit der KAVO ein anderes Regelwerk in das vertragliche Gefüge einbezog.

(a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (Senat 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 70, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; BAG 9. November 2005 – 5 AZR 128/05 – Rn. 15, BAGE 116, 185).

(b) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, die von ihm vorgegebenen Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich zu formulieren (BAG 26. September 2007 – 5 AZR 808/06 – Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

(c)Die Einbeziehung der KAVO in ihrer jeweiligen Fassung war für die Klägerin nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 8 Satz 5 und 6 KAVO unzweifelhaft. Die nötige systematische Gesamtschau mehrerer Bestimmungen gehört zu den herkömmlichen Auslegungsmethoden. Auf die Unklarheitenregel kann demgegenüber nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel bleiben (Senat 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 71, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21).

(3) Die Allgemeine Geschäftsbedingung in § 2 des Arbeitsvertrags verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

(a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 3 Satz 2, § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB).

(b) Die Parteien wichen mit § 2 des Arbeitsvertrags iVm. der Regelung des Verfalls des Urlaubsabgeltungsanspruchs in § 36 Abs. 8 Satz 6, § 39 Abs. 1 Satz 2 KAVO nicht von § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4, Abs. 4 BUrlG in seiner mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG übereinstimmenden Fortbildung ab. Sie ergänzten die gesetzlichen Bestimmungen auch nicht. Vielmehr regelten die Parteien andere Ansprüche als den gesetzlichen Urlaubs- und den gesetzlichen Urlaubsabgeltungsanspruch (aA für vertragliche Vereinbarungen von Mehrurlaub wohl Bauer/Arnold NJW 2009, 631, 634, die eine uneingeschränkte Angemessenheitskontrolle vertraglicher Mehrurlaubsregelungen durchführen) . Die Parteien einigten sich darüber, einen übergesetzlichen, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugeltenden Mehrurlaubsanspruch zu begründen. Sie gestalteten durch ihre Regelungen deswegen nicht nur die Umstände des vom Beklagten gemachten Leistungsversprechens aus (zu einer bloßen Ausgestaltung zB BAG 18. November 2008 – 3 AZR 192/07 – Rn. 29).

(c) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit der Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrags nicht entgegen. Die Bezugnahme auf die KAVO in ihrer jeweiligen Fassung ist weder unklar noch unverständlich.

(aa) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelwerks führt isoliert betrachtet nicht zur Intransparenz. Eine Klausel verstößt nicht schon dann gegen das Transparenzgebot, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (Senat 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 77, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; BAG 14. März 2007 – 5 AZR 630/06 – Rn. 27, BAGE 122, 12) .

(bb) Die dynamische Verweisung ist nicht unklar. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen sind hinreichend bestimmbar (zu der Transparenz einer dynamischen Verweisung auf die Arbeitsvertragsordnung für Angestellte des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 801/07 – Rn. 48 ff.; in dem anderen Zusammenhang tariflicher „Jeweiligkeitsklauseln“ Senat 15. April 2008 – 9 AZR 159/07 – Rn. 78, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; BAG 14. März 2007 – 5 AZR 630/06 – Rn. 28 f., BAGE 122, 12) .

IV. Für den Anspruch auf Abgeltung des vollen Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2006 gilt Entsprechendes wie für die Abgeltung des Teilurlaubsanspruchs aus dem Jahr 2005. Die Klägerin hat aus §§ 1, 3 Abs. 1, §§ 4, 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs von 20 Urlaubstagen in der Fünftagewoche in Höhe von 1.242,73 Euro brutto (1.346,30 Euro brutto x 3 Monate : 13 Wochen : 5 Arbeitstage x 20 Urlaubstage). Der darüber hinausgehende vertragliche Abgeltungsanspruch aus § 37 Abs. 1 Buchst. a, § 39 Abs. 1 Satz 2 KAVO für sechs weitere Urlaubstage erlosch nach § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 36 Abs. 6 Satz 6, Abs. 8 Satz 3, § 39 Abs. 1 Satz 2 KAVO, weil die Klägerin den Urlaub aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht bis 30. Juni 2007 hätte antreten können.

V. Die Ansprüche der Klägerin sind ab 2. Februar 2007 unter den Gesichtspunkten der fortdauernden Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) und des Verzugs (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB) zu verzinsen (vgl. BAG 8. Oktober 2008 – 5 AZR 715/07 – Rn. 27; Senat 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 64 mwN, AP SGB IX § 81 Nr. 15, jeweils unter Hinweis auf § 187 Abs. 1 BGB).

C. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits im Umfang ihres Unterliegens zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

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